Nach 18 Jahren Ehe haben mein Mann und ich uns recht auseinandergelebt. Wir streiten zwar nicht oft, vertragen uns schnell wieder und haben uns auch noch gern. Aber wir leben meist nebeneinanderher, Zärtlichkeiten sind fast eingeschlafen und unser Sex ist selten und ein bisschen lustlos. Wir finden das beide schade, wissen aber nicht, wie wir da rauskommen können.
Wenn sich distanziertes Verhalten eingeschliffen hat, muss man sich zunächst selbst einen Schubs geben, um sich wieder anzunähern. Wenn jede(r) auf einen Schritt vom anderen wartet, um selbst einen tun zu können, bleibt alles beim Alten.
Die Basis bei Ihnen beiden scheint recht gut zu sein. Was es braucht ist das Pflegen und Wiederaufleben des Miteinanders. Setzen Sie doch an dem an, was noch vorhanden ist und weiten Sie dies aus. Welche Aktivitäten finden noch, aber zu selten statt? Schlagen Sie Ihrem Mann vor, dies regelmässiger zu tun. Sagen Sie ihm, dass Sie das Bedürfnis haben ihm wieder näher zu kommen und dass Sie sich dafür einsetzen möchten. Sie können ihn auch fragen, ob er bereit wäre mitzuhelfen, indem er Ihre Ideen ausprobiert oder sich selbst auch etwas überlegt. Gibt es etwas, das Sie beide schon immer mal miteinander erleben wollten?
Erzählen Sie anschliessend an eine gemeinsame Aktivität Ihrem Mann, was Sie dabei erlebt haben, wie es für Sie war, und fragen Sie ihn, wie es ihm ergangen ist. Gehen Sie über «war schön, hat Spass gemacht» hinaus und werden Sie etwas persönlicher. Vielleicht so: «Es war schön, das mit dir zu machen. Es hat Spass gemacht und mir gutgetan. Vor allem, dass wir zusammen gelacht haben. Ich fühle mich dir dadurch ein bisschen näher.» Positive Rückmeldungen nähren und lösen den Wunsch aus weiterzumachen.
Berühren Sie einander wieder mehr und schauen Sie sich in die Augen: Legen Sie z.B. Ihre Hand beim Sprechen auf seine und schauen Sie ihn direkt an. Verlängern Sie flüchtige Begrüssungsküsschen ein bisschen und nehmen Sie sich vor allem regelmässig, möglichst täglich, ein paar Minuten lang in den Arm. Die meisten Umarmungen dauern nur Sekunden – verlängern Sie dies. Entspannen Sie sich dabei und reden Sie nicht!
Richten Sie sich Momente ein, die nur für Sie zwei gedacht sind, «Paarinseln für Körperlichkeit»: Was wäre schön für Sie? Massagen, zusammen baden oder duschen, sich gegenseitig die Haare waschen und/oder kämmen, einander abtrocknen und eincremen …? Betrachten Sie den anderen dabei mit einem offenen Blick, schauen Sie neugierig-wohlwollend. Probieren Sie jedes Mal etwas Neues aus, erweitern Sie Ihr Repertoire nach und nach. Sie werden merken, dass Berührungen emotional viel auslösen und Verbindungen herstellen, denn Berühren berührt. Vielen Paaren hilft es, wenn Paar-Zeiten eingeplant werden, auch wenn dies unromantisch klingt. Auf solch’ ein Rendez-vous kann man sich auch sehr freuen.
Jede(r) von Ihnen darf bei den Umarmungen und Berührungen «bei sich sein». Denn wenn Sie sich ständig fragen, was die/der andere jetzt wohl angenehm fände, sind Sie sehr «im Kopf». Konzentrieren Sie sich stattdessen auf Ihre eigenen Wahrnehmungen: Was löst eine Berührung bei Ihnen aus, was spüren Sie, was möchten Ihre Hände tun und entdecken? (veröffentlicht in der Luzerner Zeitung)