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Machtkämpfe

Meine Frau und ich (35 und 38) haben uns schon immer gestritten. Es hat uns nicht gestört, da wir meistens eine Lösung gefunden und uns wieder vertragen haben. Seit ungefähr einem Jahr ist dies aber oft nicht mehr der Fall: Die Konflikte werden immer länger und härter. Und wir drehen uns im Kreis. Z.B. beharrt meine Frau darauf, dass ich mehr mit ihr unternehmen soll. Ich gehe aber lieber meinen eigenen Interessen nach.

 

 

Was Sie beschreiben, klingt nach Machtkämpfen - und die sind Gift für die Beziehung: Jeder versucht sich durchzusetzen, keiner geht auf die Wünsche und Bedürfnisse des anderen ein und die Kommunikation wird immer schlechter. Es kann so weit gehen, dass jeder sogar das Gegenteil von dem tut, was der andere gerne möchte, damit dieser keinen «Sieg erringt». Das ist sehr anstrengend und geht auf Kosten der Liebesgefühle, wodurch es dann zwei Verlierer gibt.

 

Es gibt nur einen Weg: Damit aufhören. Fragen Sie sich stattdessen, was bei Ihnen beiden hinter den Machtkämpfen steht. Womit sind Sie beide unglücklich oder unzufrieden? Sind es grundsätzliche Dinge in Ihrer Beziehung, wichtige Themen oder unerfüllte Bedürfnisse, die besprochen werden sollten? Überlegen Sie jeder für sich, was sich in Ihrer Beziehung unbedingt ändern sollte, damit Sie zufriedener sein können. Beschränken Sie sich jeder auf drei Aspekte, die Ihnen am wichtigsten sind. Es ist hilfreich, sie aufzuschreiben, um sie dem anderen dann ruhig sagen zu können. Achten Sie dabei darauf Vorwürfe zu vermeiden – sie können das, was Sie damit sagen wollen, immer auch als Wunsch formulieren (z.B. statt «Nie bekomme ich Anerkennung von dir.» «Ich brauche es von dir zu hören, was ich gut mache»).

 

Auch hinter den Forderungen Ihrer Frau stehen vermutlich unerfüllte Bedürfnisse. Wissen Sie, worum es Ihr geht, wenn sie mehr unternehmen will? Fragen Sie sie! Fragen Sie sie auch, warum sie dies gerade mit Ihnen tun möchte. Will sie mit Ihnen schöne Erlebnisse teilen, um sich mit Ihnen als Paar zu erleben und das Wir-Gefühl zu erhalten? Wenn dies so wäre, könnten Sie sich vorstellen, auf dieses Bedürfnis Ihrer Frau einzugehen – vielleicht weil Ihnen Ihre Partnerschaft auch wichtig ist?

 

Das soll aber nicht bedeuten, dass Sie Ihren Wunsch, Ihren Interessen nachgehen zu können, aufgeben sollen. Erzählen Sie Ihrer Frau, warum Sie dies brauchen, was Ihnen Ihre Interessen bedeuten. Neben Zweisamkeit und gemeinsamen Erlebnissen ist es für jeden Menschen wohltuend auch individuelle Bereiche zu haben und sich als Einzelperson weiterentwickeln zu können. Auch für die Partnerschaft ist es wichtig, nicht symbiotisch aneinander zu kleben, sondern ein bisschen Luft zwischen sich zu lassen. Denn das beugt Langeweile vor und erhält die Spannung.

 

Eine Balance in Ihrer Partnerschaft erreichen Sie, wenn Sie die Bedürfnisse von Ihnen beiden als gleichwertig ansehen statt die eigenen Interessen durchsetzen zu wollen und gegeneinander zu kämpfen. Sehen Sie es als gemeinsame Herausforderung, die Erfüllung der Bedürfnisse von beiden unter einen Hut zu bekommen. Dazu brauchen Sie den Willen dem anderen zuzuhören und zu verstehen, sowie Kompromissbereitschaft, um gemeinsam Lösungswege zu finden (veröffentlicht in der Luzerner Zeitung).